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Das wiedererwachende Bildungsbürgertum nach dem Zweiten Weltkrieg als Motor einer nachfrageorientierten Buchwirtschaft

Die Arbeit thematisiert den Einfluss der alten Eliten, die bereits vor der nationalsozialistischen Herrschaft Spitzenpositionen in Politik und Kultur innehatten und sich nach dem Zweiten Weltkrieg erneut als Führungspersönlichkeiten etablierten, auf den westdeutschen Buchmarkt in den Jahren 1945 bis 1968. Autoren, Verleger und Buchhändler spielen hier eine wichtige Rolle, denn sie propagierten nach Kriegsende wieder jene traditionellen Werte, die sie schon vor 1933 gepflegt hatten. Diese Werte hatten ihren Ursprung in der bildungsbürgerlichen Ideologie des 18. Jahrhunderts. Nach 1945 erlebte diese ein Revival, was anhand der Produktion des westdeutschen Buchmarktes gezeigt wird.
Nach einleitenden Kapiteln zu Buchwirtschaft und Bildungsbürgertum, wird auf das Literaturverständnis dieser gesellschaftlichen Gruppe eingegangen, das sich dadurch auszeichnet, dass Literatur als autonomer Ausdruck von Schönheit verstanden wird und dass sie keine gesellschaftsbezogenen Funktionen ausüben soll. Dieses Literaturverständnis wird nach 1945 durch Prozesse der Dämonisierung und Verdrängung des Nationalsozialismus gestützt und findet seinen Niederschlag in der Buchproduktion der Nachkriegszeit. Bezeichnend ist hier, dass der Buchmarkt bis weit in die 60er Jahre von traditionalistischer Literatur dominiert wurde. Weder Verleger noch Publikum wollten sich mit der jüngsten Vergangenheit auseinandersetzen.