Die Stellung von Auslandskorrespondenten als Produzenten von Auslandsberichterstattung legt die Vermutung nahe, dass sie wesentlich entscheiden, welche Bilder anderer Länder uns in den Medien präsentiert werden. Der Prozess, in dem mediale Aussagen über das Ausland zustande kommen, ist aber von zahlreichen Faktoren geprägt. Für Auslandskorrespondenten in Polen ergeben sich spezifische Einflüsse aus dem Standort.
Theoretische Grundlage der Studie bilden Gatekeeper- und Nachrichtenwerttheorie. In einer teilstandardisierten Befragung werden die Korrespondenten über ihre Ansichten zu Aufgaben und Ziel der eigenen Arbeit befragt sowie u.a. zur Kommunikation mit den Abnehmerredak-tionen.
Die Mehrheit der Befragten lehnt sich an das zur Zeit favorisierte Rollenbild von Auslands-korrespondenten als „Kulturdolmetscher“ an, beurteilt eigene Absichten jedoch als wenig handlungsrelevant. Das Interesse der Abnehmerredaktionen wird stark gelenkt von der Aus-landsberichterstattung der Nachrichtenagenturen. Darüber hinaus haben Berichte größere Pu-blikationschancen, wenn sie sich auf stereotype Vorstellungen über Polen beziehen, politische Ereignisse auf bi- oder multilateraler Ebene behandeln oder einen Bezug zu Deutschland auf-weisen. Die Korrespondenten können in diesem Rahmen schwerlich als machtvolle Gatekeeper gesehen werden. Sie kennen aber die ‚Spielregeln‘, nach denen der Entstehungsprozess von Auslandsberichterstattung funktioniert, und können in ihrem Interesse auf ihn einwirken.
Nachbarschaftsvermittler – Informationsspediteure – Gatekeeper?
Eine qualitative Kommunikatorstudie zu Rollenverständnis und Arbeitsrealität von Auslandskorrespondenten in Polen.