Die Jamaika-Sondierungen 2017 und die Ampel-Verhandlungen 2021 stellen die beiden ersten länger anhaltenden Versuche dar, eine Drei- (bzw. Vier-)Parteien-Regierung auf der Bundesebene zu bilden. Ein entscheidender Unterschied, der in den Ampel-Verhandlungen auffiel, war deren betont harmonisches Auftreten sowie der geringe Informationsfluss an die Massenmedien.
Diese Arbeit untersucht, inwiefern sich der veränderte Medienumgang auf die Berichterstattung über die Verhandlungen auswirkte. Mithilfe von Elementen der Nachrichtenwerttheorie wird die Berichterstattung von WELT, Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) und Süddeutsche Zeitung (SZ) während der Koalitionsverhandlungen von Jamaika (2017) und der Ampel (2021) in einer integrativen Inhaltsanalyse analysiert. Insbesondere die Rolle der Parteien, der Tenor der Verhandlungen sowie die inhaltliche Ausgestaltung der Berichterstattung waren von Interesse für die Untersuchung.
Die untersuchten Berichte unterscheiden sich hinsichtlich formaler (Position, Länge, Ressort, Untersuchungstag) sowie inhaltlicher (Parteilicher Einfluss, Persönlicher Einfluss, Erfolg, Kontroverse, Personalisierung, Sachthemenbezug) Faktoren.
Die wichtigsten Ergebnisse zeigen, dass die FAZ- und WELT-Artikel umfangreicher über die Ampel-Verhandlungen berichten als die der SZ, wobei die SZ im zweiten Untersuchungszeitraum die meisten Artikel verfasste. Generell wurde deutlich weniger über die Ampel-Verhandlungen berichtet. Die FDP spielte in allen Zeitungen und Zeiträumen eine wichtige Rolle, gefolgt von den Grünen, die jedoch in der WELT weniger thematisiert wurden. Die CDU und SPD traten als künftige Kanzlerparteien weniger aktiv auf. Spitzenpolitiker treten für alle Parteien am häufigsten auf. Die Berichterstattung war weniger kontrovers, personalisierter und thematisch weniger fokussiert als bei den Jamaika-Verhandlungen. Dies wird auf den Umgang mit den Medien und die vermutete Stabilität der Verhandlungen zurückgeführt.