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Don’t blame the victim: Viktimisierung von Journalisten durch Hate Speech

Effekte von negativem Publikumsfeedback auf Journalisten

Journalist*innen berichten immer häufiger, dass ihre tägliche Arbeit durch Angriffe aus dem Publikum geprägt sei. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Hate Speech gegen Journalist*innen weist aber Forschungslücken auf. Wenig ist bekannt über die Verbreitung von Hate Speech, welche Effekte diese auf ihre Arbeit und Gesundheit haben könnte und was genau bedingt, dass Journalist*innen Opfer von Hate Speech werden. Die Viktimologie, die Lehre des Opfers, ist ein Teilbereich der Kriminologie und Psychologie, der sich mit der Rolle eines Opfers bei einer Straftat befasst. Sie untersucht konkret, welche Risikofaktoren bedingen können, dass eine Person Opfer einer Straftat wird.

Deshalb geht die Bachelorarbeit der forschungsleitenden Frage nach, ob die Risikofaktoren für die unterschiedlichen Viktimisierungsgrade, die aus der Viktimologie bekannt sind, in einem Transfer auf Journalist*innen anwendbar sind. Sie leitet daraus individuelle Risikofaktoren für gruppenbezogenen Hass gegen Journalist*innen ab und testet diese in einer anschließende Literatursynopse auf Stichhaltigkeit. Im Transfer werden die individuellen Risikofaktoren für primäre, sekundäre und tertiäre Viktimisierung dem journalistischen Beruf angepasst und in einem Kategoriensystem gegliedert. Die darauffolgende Literatursynopse diskutiert die aktuellen Studien mit Hinblick auf die Prävalenz von Hate Speech gegen Journalist*innen und auf die Befunde zu Effekten, Folgen und Auswirkungen von Hate Speech auf Journalist*innen. Sie ordnet die Studien abschließend, entsprechend ihrer Befunde, in die Viktimisierungsgrade des Transfers dieser Arbeit ein.

Es zeigt sich, dass das Kategoriensystem der Risikofaktoren der Viktimisierungsforschung auch für Journalist*innen relevant ist, ebenfalls kann es sich in der Literatursynopse beweisen. Alle Studien können für mindestens ein Viertel der Befragten nachweisen, dass Hate Speech ein alltägliches Problem ist. Auch weisen alle Studien auf Folgen hin, die sich aus Hate Speech ergeben. Besonders häufig zeigen sich diese in Form von Selbstzensur, Änderungen der Arbeitspraxis oder emotionalen Folgereaktionen wie Stresssymptomen. Alle Studien können Risikofaktoren der primären Viktimisierung benennen, mehr als die Häfte beinhalten Faktoren der sekundären Viktimisierung sowie Faktoren der tertiären Viktimisierung. Zudem lassen sich Denkanstöße zur Weiterentwicklung des Kategorienssystems finden, die potentielle Bereiche der Viktimisierung von Journalist*innen erschließen.