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Revolution – auch regional

Eine qualitative Untersuchung der Content-Marketing-Bestrebungen deutscher Regionalzeitungsverlage

Die deutsche Zeitungsverlagsbranche sucht nach Finanzierungsmodellen für wegbrechende Erlöse in Print und Online. Die Konzentration auf Content Marketing ist ein Weg, neue Umsatzpotenziale zu erschließen. Hinzu kommt: Content Marketing bietet sich für Verlagsunternehmen als strategischer Schwerpunkt an – insbesondere, weil die Plattformrevolution des Internets und damit auch die mit ihr einhergehende Werbesystemrevolution eine dritte Revolution induzieren: die Content-Marketing-Revolution. Alle Zeichen deuten also in Richtung Content Marketing. Doch das Anbieten von Content Marketing bedeutet für Zeitungsverlage das Anbieten von Auftragsarbeit, hinter der kommerzielle Interessen stehen. Abgrenzungsprobleme eben dieser kommerziellen Interessen und Journalismus lassen sich, bezogen auf die Integration von Content Marketing in Verlage, schnell herleiten. So sind Verlagsunternehmen nicht nur ökonomische Player, sondern tragen auch gesellschaftliche Verantwortung. Es wird deutlich, dass die Content-Marketing-Arbeit von Zeitungsverlagen Fragen aufwirft: Wie organisieren sie Content Marketing? Welche ökonomische Bedeutung messen sie Content Marketing bei? Und wie lässt sich ihre Haltung zu Content Marketing verstehen?

Die vorliegende Bachelorarbeit hat sich diesen Fragen mittels leitfadenbasierten Experteninterviews genähert. Sie folgte dabei folgender, übergeordneter Forschungsfrage: Wie setzen Regionalzeitungsverlage Content Marketing um – bezogen auf die gewählte organisatorische Struktur, die beigemessene ökonomische Bedeutung und die publizistische Haltung zu Content Marketing? Die zugrundeliegenden Interviews mit Content-Marketing-Verantwortlichen aus sechs Regionalzeitungsverlagen (NOZ Medien, Medienhaus Lensing, Madsack Mediengruppe, Medienhaus DuMont Rheinland, Rheinische Post Verlagsgesellschaft, Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag) bzw. ihnen angeschlossenen Tochterunternehmen haben gezeigt, dass sich die organisatorische Umsetzung von Content Marketing in drei Modellen systematisieren lässt: als autarke Agentur, als Abteilung innerhalb des Verlagsunternehmens oder in bestehenden Verlagsstrukturen. Die ökonomische Bedeutung ist tendenziell hoch: Neben Paid Content wird Content Marketing ein hohes Potenzial zugesprochen. Die publizistische Haltung verdeutlicht, dass Content Marketing im Verlagskontext nur insofern journalistisch arbeiten kann, wie die kommerziellen Kundeninteressen nicht beschädigt werden. Nichtsdestotrotz profitiert Content Marketing von der Strahlkraft journalistischer Verlagsarbeit. Eine unmittelbare Gefährdung der publizistischen Verantwortung ergibt sich also nicht, wenngleich nennenswerte Schnittstellen zwischen journalistisch-redaktionellem Bereich und Content-Marketing-Bereich existieren.